Einleitung

Im Interview mit Irene Willi Kaegi, Leiterin des Fachthemen-Blogs der Kalaidos Fachhochschule sowie Expertin für HR, Leadership und Digitalisierung, geht es um die Synergien zwischen Leadership und Prozessmanagement. In Zeiten der Digitalisierung und des rasanten Wandels in vielen Branchen sind Führungskräfte mehr denn je gefordert, nicht nur eine klare Vision zu zeichnen, sondern auch Prozesse zu optimieren sowie die Agilität und Innovationskraft ihres Teams zu steigern. Irene Willi Kaegi erläutert, wie Prozessmanagement und Leadership zusammenwirken, welche Vorteile sich daraus ergeben können und wo die Grenzen sind.

Welche Fähigkeiten werden für Führungskräfte in Zukunft immer wichtiger werden und warum?

Wir leben in einer Arbeitswelt von zunehmendem Konkurrenzdruck, kürzer werdenden Innovationszyklen und erhöhter Komplexität. Vielerorts werden Team-Konstellationen immer dynamischer und internationaler. Man arbeitet nicht mehr in hierarchischen Strukturen, sondern in flexiblen Netzwerken oder zeitlich begrenzten Projektorganisationen.

Führungskräfte müssen sich in einem solch agilen Umfeld immer wieder auf neue Teamkonstellationen, Arbeitsbeziehungen und Technologien einstellen können, also selbst über ein agiles und resilientes Mindset verfügen. Dabei dürfen sie den Fokus auf die Kundenbedürfnisse nicht verlieren. Vertrauen als Basiskompetenz einer Führungs- und Arbeitskultur fördert eine schnelle und reibungsarme Zusammenarbeit.

Hinzu kommen die Fähigkeit, Vernetzungen zu fördern sowie die Begeisterungsfähigkeit, das heisst, Menschen einbinden und für gemeinsame Visionen gewinnen zu können. Last but not least muss ein Leader authentisch sein, sich selbst reflektieren können und das daraus Gelernte in der Führung umsetzen. Dies wirkt sich auf das Lernen und die Fortschritte des Unternehmens aus.

Welche Erwartungen werden die zukünftigen Arbeitnehmenden an die Unternehmung bzw. an die Führung stellen?

In einer Post-Covid-Welt wollen viele Arbeitnehmende, die während der Pandemie liebgewonnene Flexibilität bezüglich Arbeitsort und Arbeitszeit nicht mehr hergeben. Ja, sie möchten diese sogar noch erweitern, etwa in Form von flexiblen Arbeitsvolumen oder flexiblen Arbeitsinhalten. Ausserdem sind autonomes, selbstorganisiertes und sinnstiftendes Arbeiten gefragt. Wie weit Arbeitgebende und Führungskräfte auf die maximale Freiheit im Arbeitsverhalten und Flexibilisierung von Arbeitsbedingungen eingehen können oder sollen, ist abhängig von der Geschäftstätigkeit des Unternehmens, Funktion des Arbeitnehmenden und der Arbeitskultur.

Was sind und werden die Herausforderungen von Leadership sein?

In einer agilen, flexibilisierten und internationalen Arbeitswelt ist vieles im Fluss. Flachere Organisationen, Autonomie und verschiedene Kulturen bedeuten mehr Abstimmungsbedarf. Die Herausforderung als Führungsperson ist, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Ressourcen bereitzustellen und situationsgerecht zu kommunizieren. So werden die Kooperation und Leistungsfähigkeit von Menschen und Innovationen gefördert.

Dies bedeutet auch, sich immer wieder auf jedes einzelne Teammitglied und das Team als Ganzes einlassen zu müssen, die Erwartungen und Bedürfnisse abzuholen sowie Konflikte zu entschärfen. Dazu braucht es Empathie und Dialogfähigkeit, beides Kompetenzen, die an dieser Stelle noch nicht genannt wurden, aber ebenso wichtig sind.

Jetzt verstehen wir sowohl die Herausforderungen der Führung als auch die Erwartungen der Geführten besser. Wie hilft effektives Prozessmanagement, die Führungskultur zu unterstützen?

Als Leiterin des Fachthemen-Blogs der Kalaidos Fachhochschule bin ich auch Eignerin des Blog-Prozesses. Damit bin ich für die inhaltlich-fachliche Korrektheit, Logik, Effizienz sowie kontinuierliche Verbesserung des Blog-Prozesses verantwortlich. Ich koordiniere alle Veröffentlichungen in Zusammenarbeit und in Abstimmung mit den Prozessanwender:innen, sprich-Blog-Team: Unsere Content Manager betreuen als Expert:innenn und Verantwortliche für spezifische Blog-Themenschwerpunkte unsere Autorinnen und Autoren bei der redaktionellen Aufbereitung ihrer Blogbeiträge. Unsere Channel Managerin ist für die technische Betreuung des Blogs zuständig.

Durch die Standardisierung von Vorlagen zur Erfassung von Blogbeiträgen oder Blog-Newslettern sowie die Automatisierung unseres Blog-Reportings mittels eines Analyse-Tools können wir schnell Leistungen von hoher Qualität erbringen.

Anm. der Redaktion: Wie Sie mit Prozessautomatisierung operative Effizienz erreichen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Damit gewinnen wir Zeit für wichtige, nicht standardisierte Aufgaben. So können wir uns vermehrt um die Weiterentwicklung unserer Blog-Strategie und dem Ausarbeiten unserer Blog-Richtlinien kümmern. Oder ich kann als Expertin für HR und Leadership selbst einen Blogbeitrag schreiben.

Zentrale Plattformen und eine monatliche Redaktionssitzung erleichtern den Informationsaustausch und reduzieren Aufwände für Abstimmungen mit dem Blog-Team. Ein weiterer Mehrwert unseres Blog-Prozesses besteht darin, dass jede:r einzelne Prozessanwender:in nicht nur die eigene Aufgabe, sondern den ganzen Prozess bis zum Kundenerlebnis, sprich Erlebnis unserer Leserschaft kennt. Nicht zuletzt kommen dank dieser Prozess-Transparenz von den Beteiligten immer wieder wertvolle Inputs zur Verbesserung von Workflows.

Wie beteiligst Du Mitarbeitende an der Gestaltung und Verbesserung von Geschäftsprozessen?

In der Regel nutze ich die Redaktionssitzungen auch dazu, Verbesserungen von Prozessen zu diskutieren. Ich finde generell, dass Sitzungen und Workshops effektiver werden, wenn die Zufriedenheit bezüglich der Leistung und der Zusammenarbeit jeweils auf der Agenda steht. Leider nimmt man sich in der Praxis nicht immer Zeit für solche Feedbackprozesse.

Natürlich ist es je nachdem wichtig, Probleme und Unstimmigkeiten bezüglich der Umsetzung der Geschäftsprozessen im Vorfeld der Redaktionssitzung mitzuteilen und genügend Vorbereitungszeit zu geben. Gegebenenfalls vertiefe ich Teilaspekte mit den einzelnen Blog-Teammitgliedern auf bilateraler Basis. Und ich glaube sagen zu dürfen, dass wir eine offene Kultur im Blog-Team haben, die es erlaubt, ad hoc Inputs und Feedback zur Optimierung von Prozessen spontan einzubringen.

Anm. der Redaktion: In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie das interne Prozessmanagement fördern und eine höhere Akzeptanz für Geschäftsprozessmanagement in Ihrem Unternehmen erreichen können.

Wenn wir an die gesamte Employer Journey denken und davon ausgehen, dass Trends wie der Fachkräftemangel und die Digitalisierung im Allgemeinen viel Druck auf die Arbeitgebenden und Leader ausüben, welche Aufgaben werden diesbezüglich voraussichtlich auf Leader und Arbeitgebende zukommen?

Schnelles Recruiting ist vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels unabdingbar. Im digitalen Zeitalter bildet die Karrierewebsite die Visitenkarte des Arbeitgebenden. Suchmaschinenoptimierung (SEO) und bezahlte Anzeigen (SEA) sorgen dafür, dass ein Unternehmen in den Suchergebnissen von Google möglichst weit oben angezeigt wird.

Arbeitgebende müssen wissen, in welchen sozialen Medien ihre Zielgruppe sich bewegt und dort mit attraktiven Inhalten und Werbung präsent sein sowie Employer Branding betreiben. Bewerbende haben den Anspruch, über jeden Fortschritt im Bewerbungsprozesses umgehend informiert zu werden. Neue Mitarbeitende erwarten ein auf sie zugeschnittenes Onboarding.

Bevor Mitarbeitende mit der Arbeit beginnen können, müssen viele technische und organisatorische Aufgaben erledigt werden: PCs müssen bestellt und zugeordnet, Mailverteiler eingerichtet und die richtigen Logins für die richtigen Tools erstellt werden. Hinzu kommt das Bereitstellen von Dokumenten wie AHV und BVG oder eines Willkommenspakets. Vieles davon kann heute mit Prozessautomatisierung gelöst werden.

Anm. der Redaktion: Lesen Sie in dieser Fallstudie, welche Vorteile automatisierte Prozesse bieten können, wenn es um Prozessautomatisierung geht.

Darüber hinaus sind Unternehmen und Führungskräfte gefordert, die Unterschiedlichkeiten der Beschäftigten zu anerkennen und produktiv zu nutzen, für ein angenehmes Arbeitsklima zu sorgen sowie Mitarbeitende in ihrer Entwicklung zu fördern und zu halten. Idealerweise ist am Ende des Arbeitsverhältnisses auch das Offboarding stimmig für die Austretenden zu gestalten.

Wie kann hier Prozessmanagement Führungskräften bzw. dem Employer Branding helfen?

Um sich als Arbeitgebender erfolgreich am Markt positionieren zu können, braucht es eine Employer-Branding-Strategie und darauf abgestimmte, effiziente Prozesse. Beispielsweise können automatisierte KI-gestützte HR-Tools die Suche nach geeigneten Kandidat:innen und das Onboarding von neuen Mitarbeitenden beschleunigen sowie Absagen, Stellenbeschreibungen, Arbeitsverträge oder Zeugnisse erstellen.

Dadurch werden sowohl für Personalverantwortliche als auch für Leader Ressourcen frei. Diese lassen sich für persönliche Gespräche mit Bewerbenden, die Betreuung von neuen Mitarbeitenden oder dem Aufbau einer entsprechenden Unternehmenskultur bzw. Teamkultur nutzen.

Prozessmanagement ist ein wichtiger Aspekt in der Unterstützung und Befähigung von Führungskräften. Gleichzeitig ist es jedoch wichtig zu betonen, dass ein breites Set an Soft und Hard Skills für erfolgreiche Führung unabdingbar ist. Das bedeutet, dass Führungskräfte nicht nur über Kenntnisse im Prozessmanagement und technisches Wissen verfügen müssen.

Genauso benötigen sie sowohl zwischenmenschliche Fähigkeiten wie Empathie und kommunikative Kompetenz als auch Managementfähigkeiten wie Beurteilungs- und Entscheidungskompetenz, um ihre Rolle effektiv ausfüllen zu können.

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