Einleitung
Die Digitalisierung ist heutzutage allgegenwärtig. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass Unternehmen der IT besondere Aufmerksamkeit schenken, da sie oft der wichtigste Treiber für den Erfolg von Transformationsinitiativen ist. Insbesondere das Applikationsportfolio-Management sollte dabei eine zentrale Rolle spielen, da Applikationen maßgeblich für die Erstellung des „Digitalen Zwillings“ einer Organisation sind. Zudem zeigt ein kritischer Blick auf die Applikationslandschaft Optimierungspotentiale auf und trägt wesentlich zu Geschäftsinnovationen bei.
Ausgehend von den Applikationen kann die Unternehmensarchitekturdokumentation und der digitale Zwilling sowohl in Richtung Geschäftsarchitektur als auch in Richtung Technologiearchitektur ausgebaut werden. Im Fokus sollte dabei aber nicht die Arbeit an der Applikationslandschaft stehen. Viel mehr sollten die Ergebnisse des Transformationsvorhabens und vor allem deren Mehrwert für die Organisation und die Benutzer:innen im Vordergrund stehen. Was ist aber der Mehrwert des Applikationsportfolios für die verschiedenen Benutzertypen und wie kann es Transformationsvorhaben unterstützen?
Das und noch mehr über die Bedeutung der Gestaltung Ihrer Applikationslandschaft erfahren Sie in diesem Blogbeitrag. Lesen Sie weiter und erfahren Sie alles, was Sie über das Applikationsportfolio-Management (kurz APM) wissen müssen!
Mehrwert von Applikationsportfolio-Management
Es gibt kaum Transformationsvorhaben, die keine Anpassungen an der Applikationsarchitektur erfordern. Entweder müssen neue Applikationen eingeführt werden, um die geforderten Änderungen in der Geschäftsarchitektur bestmöglich zu unterstützen, oder bestehende Applikationen müssen angepasst werden.
Kombiniert mit Applikationsportfolio-Management (APM) ist es möglich, Innovation dort zu platzieren, wo diese am dringendsten benötigt wird und nicht lediglich dort, wo diese am einfachsten zu realisieren ist. Alle Applikationen, egal ob kurz- oder langlebig, innovativ oder „systemerhaltend“, müssen zu diesem Zweck im Applikationsportfolio gesteuert werden.
Typische Fragestellungen, die im Rahmen der Architekturentwicklung durch das Applikationsportfolio-Management beantwortet werden müssen:
- Welche Applikationen gibt es im Unternehmen und wer zeichnet sich für diese verantwortlich?
- Welche Applikationsservices werden durch eine Applikation bereitgestellt? Wo werden diese genutzt?
- Eignet sich eine der bestehenden Applikationen, um die geforderten Services bereitzustellen?
- In welcher Lebenszyklusphase befindet sich eine Applikation und wie sieht ihre Investitionsstrategie aus?
- Welche Informationsflüsse gibt es aktuell? Welche Schnittstellen bieten bestehende Applikationen an?
- Wie sind die Änderungszyklen einer Applikation? Kann sie schnell an neue Bedürfnisse angepasst werden?
- Welche Architekturprinzipien gelten für eine Applikation? Unter welchen Bedingungen können sie abweichen?
- Über welche Systemsoftware werden Applikationen und deren Schnittstellen realisiert?
- Gibt es funktionale Redundanzen in der Applikationslandschaft? Und kann Konsolidierung eine Lösung sein?
- Wie werden Kosten, Stabilität, Technologie-Fitness bewertet? Welche Maßnahmen sind möglich?
Insbesondere funktionale Redundanzen bergen in vielen Branchen noch ein hohes Optimierungspotential. Es gilt, diese aufzudecken und zu vermeiden. Wäre das Transformationsvorhaben rein geschäftlich getrieben, wären solche Erkenntnisse nicht möglich. Die Nutzung verschiedener Applikationen für die gleichen Aufgaben verursacht unnötige Kosten und bringt für die Benutzer:innen oftmals keinen signifikanten Mehrwert. Daher ist ein Ziel des Applikationsmanagements, die Heterogenität durch eine Konsolidierung der Applikationslandschaft zu reduzieren.1.
Zentrale Konzepte und Begrifflichkeiten des Applikationsportfolio-Managements
Erfahrungsgemäß existieren in Unternehmen durchaus recht unterschiedliche Vorstellungen davon, was eine Applikation ist. Der Begriff „Applikation” wird wie folgt definiert:
Was ist eine Applikation?
„Eine Applikation ist eine Aggregation von Software-Code, welcher Applikationsfunktionen kapselt und diese über Applikationsschnittstellen in Form von Applikationsservices zur Verfügung stellt.“1,2
Was ist ein Applikationsportfolio?
„Ein Applikationsportfolio beschreibt die Menge der vorhandenen und geplanten Applikationen eines Unternehmens1. Es beinhaltet nicht nur eine Auflistung der Applikationen, sondern insbesondere auch Bewertungen, die eine Entscheidungsgrundlage für die planvolle Weiterentwicklung der Applikationslandschaft möglich machen.“
Im Folgenden zeigen wir einen methodischen Ansatz zur Durchführung von APM. Dieser kann spezifisch auf das jeweilige Unternehmen angepasst werden und ist mit EAM-Frameworks wie TOGAF® integrierbar. Zuallererst werden die üblicherweise beteiligten Stakeholder:innen und Benutzertypen vorgestellt.
Wichtige Stakeholder:innen und Geschäftsrollen
Am Applikationsportfolio-Management sind sowohl Geschäftsrollen aus den Fachbereichen, als auch aus der IT beteiligt.
Der/die Unternehmensarchitekt:in trägt die Verantwortung dafür, dass Applikationen dokumentiert und regelmäßig bewertet werden. Er/sie legt unter Mitwirkung von weiteren Stakeholder:innen fest, welche Informationen zu den Applikationen zu erheben und durch wen diese zu dokumentieren sind. Er/sie bereitet die Bewertungsergebnisse auf und zeichnet sich für die Bewertung des Portfolios verantwortlich und stellt sicher, dass Verbesserungspotenziale in Form von Anforderungen dokumentiert, bewertet und priorisiert werden.
Bereichsarchitekt:innen übernehmen speziell in größeren Unternehmen Aufgaben von Unternehmensarchitekt:innen und arbeiten eng mit ihm/ihr zusammen. Sie koordinieren für ihren Unternehmensbereich, im Idealfall für eine oder mehrere strategische Fähigkeiten, die Erfassung und Bewertung der Applikationen und die Bearbeitung der Anforderungen.
Applikationsverantwortliche sind hauptverantwortlich für die von ihnen verantworteten Applikationen. Diese Geschäftsrolle entspricht jener aus der IT Infrastructure Library (ITIL) weitreichend bekannten Rolle des Serviceverantwortlichen3. Applikationsverantwortliche stellen sicher, dass Service-Level-Agreements eingehalten werden. Sie treten als Vermittler:in zwischen Fachbereich, IT-Betrieb und Entwicklungsteams auf. In ihren Aufgabenbereich fällt auch die Dokumentation der von ihnen verantworteten Applikationen. Oftmals wird diese Rolle in eine verantwortliche Person aus fachlicher Sicht und eine aus technischer Sicht gesplittet, wobei es hierbei zu beachten gilt, die Verantwortlichkeiten genau zu regeln.
Mitarbeiter:innen aus den Fachbereichen unterstützen ggfs. bei der Beschreibung der Applikationsservices. IT-Betriebsverantwortliche unterstützen oftmals insbesondere bei der Zuordnung der Applikation zu der zugrunde liegenden Systemsoftware und der IT-Infrastrukturkomponenten.
CIOs (Chief Information Officer) sind vor allem Empfänger:innen der Informationen. Sie bestimmen federführend, welcher Bereich im Rahmen des APM bewertet werden soll. Sie geben Vorgaben zur Auswahl der Kriterien, die regelmäßig bewertet werden. Basierend auf den Resultaten, die ihnen vorgelegt werden, haben sie – unterstützt durch die Unternehmensarchitekt:innen – zu entscheiden, welche Maßnahmen abgeleitet werden sollen. Sie legen fest, in welchen Fällen Vorschläge für Transformationsvorhaben ausgearbeitet werden.
Immer mehr findet man in vielen Unternehmen auch die Rolle eines CDOs (Chief Digital Officers). Diese arbeiten im Idealfall eng mit CIOs und Unternehmensarchitekt:innen zusammen. Gemeinsam treiben sie den digitalen Wandel des Unternehmens voran. CDOs sind verantwortlich für innovative Projekte und Transformationsvorhaben und koordinieren den notwendigen organisatorischen Wandel. Sie stellen sicher, dass die durch die Digitalisierung erforderlichen Veränderungen abgestimmt auf das operative Geschäft, auf die Kund:innen, die Lieferant:innen und die Produkte erfolgen4.
Nicht zu vergessen sind die Benutzer:innen der Applikationen; seien es Mitarbeiter:innen der Organisation oder Kund:innen, die diese nutzen. Insbesondere bei der Neugestaltung von Applikationen und Applikationsservices müssen zukünftige Benutzer:innen miteingebunden werden. Im Falle bestehender Applikationen wird im Idealfall das Benutzer:innenverhalten analysiert, sodass Verbesserungspotenziale direkt berücksichtigt werden können.
Vorgehensweise im Applikationsportfolio-Management
Das APM kann als zyklisches Vorgehensmodell beschrieben werden. Das Vorgehensmodell zum APM lässt sich grob in vier Schritte unterteilen. Die Schritte müssen nicht zwingend in der hier vorgeschlagenen Reihenfolge abgearbeitet werden. Zum Teil laufen diese auch parallel:
- Applikationen müssen in einem ersten Schritt mit den notwendigsten Eigenschaften erfasst werden. Hierbei ist es zu empfehlen, die Anzahl der zu erfassenden Informationen auf die wesentlichsten Attribute zu beschränken. Weniger ist hier mehr! Zur Erfassung der Applikationen, kann ein Unternehmensarchitektur-Tool, wie unser führendes EAM-Tool ADOIT verwendet werden.
- Anschließend können die Applikationen bewertet werden. Hierbei müssen die zu bewertenden Kriterien wie beispielsweise Geschäfts- oder IT-Fitness festgelegt werden. Die Bewertung selbst kann dann mit Hilfe von Fragebögen erfolgen. Als Ergebnis ergibt sich darauf die Investitionsstrategie einer Applikation.Wenn Sie mehr zum Thema APM-Investitionsstrategie oder Bewertung des Applikationsportfolios lesen möchten, empfehlen wir unsere weiterführenden Blogbeiträge.
- Auf Basis dieser Bewertung und der festgelegten Investitionsstrategie können Verbesserungspotentiale identifiziert und …
- anschließend konkrete Maßnahmen abgeleitet werden.
Noch vor wenigen Jahren war vielfach die Empfehlung, jährliche APM-Zyklen durchzuführen. Dies erscheint heutzutage nicht mehr zeitgemäß. Insbesondere innovative Applikationen, welche sich durch kurze Entwicklungszyklen auszeichnen, damit Unternehmen rasch auf die Bedürfnisse des Marktes reagieren können, würden im APM erst gar nicht berücksichtigt werden können. Es empfiehlt sich daher, APM als einen kontinuierlichen Prozess zu verstehen, welches sich auf die Investitionsstrategie des Applikationsportfolios auswirken kann.
Wesentliche Eingangsgrößen sind bestehende Dokumentationen zu Applikationen, z. B. in Form von Tabellen, Applikationshandbüchern (Textdokument) oder in einem EAM-Werkzeug. Wesentliche Ergebnisse sind die bewerteten Applikationen, identifizierte Schwachstellen und Optimierungspotenziale sowie die daraus resultierenden Anforderungen und Maßnahmen. Diese sind wiederum Auslöser für Transformationsvorhaben oder werden in laufenden Transformationsvorhaben mitberücksichtigt.
Typische Ergebnisse des Applikationsportfolio-Managements
Zentrales Ergebnis des APM ist das Applikationsportfolio. Dieses stellt das Repository aller heutigen und zukünftigen Applikationen des Unternehmens dar und sollte für alle im Unternehmen zugänglich sein. Über einfache Such- und Filteroptionen kann das Applikationsportfolio ausgewertet werden.ichtigt.
Beispiel eines Applikationsportfolios in der EAM-Suite ADOIT
Zentrales Ergebnis des APM ist das Applikationsportfolio. Dieses stellt das Repository aller heutigen und zukünftigen Applikationen des Unternehmens dar und sollte für alle im Unternehmen zugänglich sein. Über einfache Such- und Filteroptionen kann das Applikationsportfolio ausgewertet werden.ichtigt.
Beispiel einer Applikations-Roadmap in der EAM-Suite ADOIT
Diese wird hier als Applikations-Roadmap bezeichnet. Die enthaltenen Applikationen sind in der vorliegenden Abbildung nach strategischen Fähigkeiten gruppiert.
Zur Analyse des Umfelds eines Architekturelements bieten sich Reports, wie das Abhängigkeitsdiagramm, an. Solche Darstellungen können Applikationen und deren Abhängigkeiten in die Geschäfts- und Technologiearchitektur zeigen.
Beispiel eines Abhängigkeitsdiagramms in der EAM-Suite ADOIT
Als letztes Beispiel für einen Ergebnistypen im APM wird eine sogenannte Clustermap gezeigt. Diese zeigt die Applikationen inklusive der von den Applikationen realisierten Fähigkeiten. Mittels eines sogenannten Heatmap-Mechanismus werden die Applikationen basierend auf den im Applikationsportfolio definierten Kriterien eingefärbt. Im konkreten Beispiel werden alle Applikationen mit unzureichender Security-Fitness hervorgehoben.
Beispiel einer Clustermap in der EAM-Suite ADOIT
Abhängigkeiten zu weiteren EAM-Szenarien und Managementdisziplinen
Das APM liefert grundlegende Informationen über Applikationen und deren Abhängigkeiten untereinander sowie über Abhängigkeiten zu weiteren Architekturelementen wie Geschäftsprozessen oder Systemsoftware-Elementen. EAM-Szenarien, die hierdurch stark profitieren bzw. nicht oder nur sehr eingeschränkt ohne diese Informationen funktionieren, sind im Folgenden ohne Anspruch auf Vollständigkeit aufgelistet.
- Capability Portfolio Management
- Geschäftsprozessmanagement.
- IT-Kosten-Management
- Compliance-, IT-Sicherheits- und IT-Risikomanagement
- Betriebskontinuitäts-Management
- Technologieportfolio-Management
- Business-IT-Alignment
Fazit
Das Applikationsportfolio-Management ist ein wichtiges Steuerungs- und Optimierungsinstrument und stellt somit einen zentralen Bestandteil von EAM in jeder Organisation dar. Auch aktuelle Transformationsvorhaben, sowie weitere EAM-Szenarien profitieren stark von einem ausgereiften APM.
Als eines der wichtigsten Ergebnisse von APM, ist das Applikationsportfolio der Dreh- und Angelpunkt für Änderungen der Applikationslandschaft des Unternehmens, in welchem jede Applikation als Bestandteil des digitalen Zwillings dokumentiert sein sollte.
Damit dies auch geschieht und sich der wahre Wert von APM entfalten kann, muss die Mitwirkung der Applikationsverantwortlichen sowie von allen Stakeholdern von der Führungsebene eingefordert werden. Nur so kann das APM in der Organisation leben und einen gewichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten.
Um ein noch umfassenderes Verständnis über das Applikationsportfolio-Management zu erlangen, empfehlen wir unser kostenloses APM e-Learning sowie unsere weiterführenden Ressourcen.
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